Schön, dass du da bist!

Bereits beim Kirchenportal werden die Gottesdienstbesucher mit einer speziell gestalteten Tafel willkommen geheissen: „Schön, dass du da bist!“ Die Worte sind mit Zierbuchstaben geschrieben und hängen auf einem geschmückten Heureiter.

Petra Moser eröffnet den ökumenischen Gottesdienst mit ihren Klängen auf dem E-Piano. Ihr musikalisches Talent und ihre Freude an der Musik sind ansteckend. „Die Erde ist schön!“ singen Kinder und Erwachsene begeistert mit.

An diesem ökumenischen Anlass bekommt Dussnang einen ganz speziellen Besuch. Es ist der mutige Joseph aus dem Alten Testament, welcher damals dem Pharao die Stirn bot. Gespielt wird Joseph durch Yven Hess aus Balterswil. Zusammen mit Seelsorgerin Daniela Albus hält er einen lebendigen Dialog zum Thema Überfluss und Armut damals und heute.

Pfarrerin Isabel Stuhlmann bringt diesen Dialog abschliessend im Predigtwort auf den Punkt:
Legen wir Angst und Furcht ab und vertrauen auf Gott, denn er sagt:

„Kümmert euch – aber sorgt euch nicht!“

Der Pfarreirat hat die Kirche zusammen mit Mesmerin Klärly Böhi mit einer liebevollen und fabenprächtigen Vielfalt an Früchten, Blumen und Gemüsen geschmückt, einfach wunderbar anzuschauen und sich bewusst zu machen, in welch grossem Reichtum wir leben.

Nach dem Gottesdienst sind alle ins evangelische Kirchgemeindehaus zum Suppenessen geladen. Die feinen Suppen, zubereitet durch Martin Dönni, munden ausgezeichnet. Das gemütliche Beisammensein rundet diesen besonderen Anlass ab. Die Kollekte und der Spendenerlös kommen dem Fastenopfer und Brot für alle zugute.

Claudia Widmer

Dialogpredigt "Kümmert euch!"

L1: Josef beeindruckt mich. Er ist so mutig. Dem mächtigsten Mann der damaligen Welt überbringt er schlechte Nachrichten. Und er sagt ihm, was zu tun sei. Dem mächtigsten Mann der Welt. Frech ist das und sehr mutig. Und vorausschauend. Josef kümmert sich um das, was in der Zukunft liegt. Es gibt so viele Dinge, die ich Josef fragen möchte. Gerade heute brauchen wir Menschen, die handeln wie er.

L2: Dann frag mich doch!

L1: Josef? Bist du das?

L2: Ja, klar. Frag nur.

L1: Ich finde den Traum des Pharaos unheimlich. Zuerst ist alles so schön und friedlich. Und dann verwandelt sich der Traum in einen Alptraum. Wie hast du herausgefunden, was er bedeutet?

L2: Der Traum war unmissverständlich. Auf sieben fette Jahre folgen sieben magere Jahre. Gott möchte, dass wir dafür vorsorgen. Der Traum soll uns wecken. Er ruft uns zu: "Kümmert euch! Sorgt vor! Setzt euch für das Leben ein!"

L1: Rufst du uns das auch heute noch zu?

L2: Selbstverständlich!

L1: Und was bedeutet das für uns?

L2: Ich verstehe die Welt von heute nicht mehr. Ihr habt ganz andere Voraussetzungen als damals. Kein allmächtiger Pharao bestimmt über euer Geschick. Wem sollte Gott heute die Botschaft zukommen lassen "Pass auf, es stehen schwere Zeiten bevor"? - Vielleicht müsstet ihr als erstes überlegen, ob ihr in den fetten oder in den mageren Jahren lebt.

L1: Bereits das ist eine schwierige Frage. Wir da leben im Überfluss. Wir können es uns leisten, einen Drittel unserer Lebensmittel einfach fortzuwerfen. Gleichzeitig nimmt die Bodenfruchtbarkeit ab. Sorten und Arten verschwinden. Genetisch verändertes Saatgut ist unfruchtbar und bringt im nächsten Jahr keine Frucht mehr. Es ist, als würden die mageren Kühe schon mitten in den fetten weiden.

L2: Ein düsteres Bild zeichnest du da...

L1: Wir haben keinen gottähnlichen Pharao mehr, das stimmt. Aber werden nicht heute einzelne Konzerne zu Pharaonen gemacht? Wir geben ihnen Macht über Mensch und Natur, über Leben und Tod.

L2: Du meinst, ihr hievt Wirtschaftsmächte wie Könige auf eine Thron und führt so die mageren Jahre selber herbei?

L1: Ja, genau so könnte es geschehen. Weisst du zum Beispiel, warum bei uns die Vielfalt des Saatgutes zurückgeht? Jahrhundertelang haben Bäuerinnen und Bauern ihr eigenes Saatgut gezüchtet. Dieses war an Klima und Umgebung gut angepasst. Das Saatgut ist die Grundlage des Lebens. Es muss denen gehören, die Landwirtschaft betreiben und uns ernähren. Wir aber legen per Gesetz die Macht darüber in die Hände weniger.

L2: Ich sage euch doch: "Kümmert euch! Sorgt vor! Setzt euch für das Leben ein!" Auch wenn eure Probleme ganz anders sind als unsere damals, so bleibt eines gleich. Nur wer Saatgut hat, kann aussäen und so Leben erhalten. Sich um Saatgut kümmern hiess damals: Vorratskammern anliegen. Heute heisst es vielleicht: sich informieren, Wissen weitergeben, Bewusstsein schaffen, sich einmischen, auch in politische Prozesse. Alle tragen Verantwortung und alle können helfen.

L1: Ja, Josef, heute gelingt es nur noch gemeinsam, deinen Zuruf umzusetzen: "Kümmert euch! Sorgt vor! Setzt euch für das Leben ein!" Es gibt keine einfachen Rezepte, wie das zu tun ist. Und trotzdem brauchen wir mehr denn je "Josefs" und Josefines" die mutig und vorausschauend handeln.
Josef? Bist du noch da? --- Er ist weg. Nun ist es wohl an uns, Josef und Josefine zu sein.

Predigtteil 2: "Das zweite Standbein"

Furchterregend ist es, wenn magere Kühe die fetten fressen. Beängstigend ist es, wenn verdorrte Ähren den vollen den Garaus machen. 
Im Moment aber fürchten wir uns vor allem vor einem kleinen Virus. Der Ruf der Klimajugend ist unter dem grossen Geschrei rund um die Pandemie kaum mehr zu hören. Horchen wir hin.

"Ich will, dass ihr in Panik ausbrecht", ruft Greta Thunberg. "Wenn ihr jetzt nicht handelt, raubt ihr unsere Zukunft" rufen die Freitagsdemonstranten. Das Fürchten lehren sollte uns der viel zu warme Winter. Was wartet da noch auf uns?
Angst haben könnte man angesichts der Verarmung der Sorten/Artenvielfalt. Von was oder wem machen wir uns abhängig?

Sie haben in einem Recht:
Es ist Zeit, zu handeln. Weiter zu handeln auch und gerade in Bezug auf unsere Umwelt.
Der Widerspruch gilt ihrem Prinzip des Handelns aus Furcht.
Handelt Josef aus Furcht und Angst? Meiner Meinung nach tut er dies nicht. Etwas anderes treibt ihn an. Josef ist erfüllt vom Vertrauen in Gott. Er ist sich gewiss, dass Gott einen träumen lässt, damit Heil geschehe. Nicht Unheil. Der Pharao träumt, weil Gott zusammen mit Menschenmut, Menschenverstand und Menschenhanden seine Menschen behütet und nährt.

Weil Josef glaubt, dass Gott einen durch schwere Zeiten trägt, handelt er. Weil er so glaubt, bringt er den Pharao zum Handeln. Im Vertrauen auf Gottes Fürsorge wird ihnen möglich, in den Zeiten des Überflusses zu sparen. Erst das Vertrauen macht frei, sich einzuschränken.

Angst hingegen weckt Gier. Furcht weckt das Bedürfnis, festzuhalten, was man heute hat. Angst und Furcht trüben den Blick. In der Finsternis der Angst verlieren wir das Reich Gottes aus den Augen und seine Gerechtigkeit. Dann sind wir wahrhaftig arm und gefährdet. Weil wir uns nicht wirklich kümmern können, worum sich zu kümmern lohnt.

Und darum ruft Gott nicht nur zum Handeln. So wie wir auf zwei Beinen gehen und stehen, so ruft uns Gott zweierlei zu.

"Kümmert euch!" so lautet der eine Ruf. Der andere aber lautet: "Sorgt euch nicht". 

Verfasst von Pater Gregor Brazerol und Pfrn. Isabel Stuhlmann, basierend auf den Materialien zum Suppentag 2020
vorgetragen von D. Albus, Yven Hess, I. Stuhelmann